EMDR (‚Eye Movement Desensitization and Reprocessing‘ - auf Deutsch: Augenbewegungs-Desensibilisierung und Wiederaufarbeitung) ist eine moderne Behandlungsmethode, die in den USA entwickelt wurde. Ursprünglich wurde sie vor allem zur Behandlung traumatisierter Personen eingesetzt, hat sich jedoch mittlerweile zu einem effektiven Ansatz für ein breites Spektrum an Indikationen entwickelt, darunter Ängste und Phobien, Schmerztherapie, Sexualstörungen, emotionale Blockaden und Coaching.

In einigen Aspekten ähnelt EMDR hypnotischen Verfahren, insbesondere durch die Bewegung eines Objekts vor den Augen, weshalb viele Hypnotherapeuten es als „hypnoseverwandt“ empfinden. Tatsächlich lässt sich EMDR hervorragend mit Hypnose und Hypnotherapie kombinieren und in zahlreiche bewährte hypnotische Behandlungskonzepte integrieren. Viele Fachkollegen berichten von der Bereicherung ihrer Arbeit durch EMDR, da häufig extrem schnelle Therapieerfolge erzielt werden und selbst hartnäckige Blockaden in kurzer Zeit gelöst werden können.

EMDR ist somit nicht nur eine kraftvolle Therapiemethode für sich allein, sondern auch ein effektives Spezialwerkzeug, das gezielt zur Bearbeitung einzelner Themen und Blockaden eingesetzt werden kann.

Grundlagen des EMDR

  • Wirkweise / neurologischer Erklärungsansatz: Die Wirkung von EMDR basiert auf neurologischen Mechanismen, die direkt zu neuen Zuordnungen und Verarbeitungsweisen im Gehirn führen. Diese Effekte sind wissenschaftlich gut belegt.

  • Indikationen / Anwendungsgebiete: EMDR findet Anwendung bei einer Vielzahl von Themen, darunter Angststörungen, chronische Schmerzen, Trauer und emotionale Blockaden.

  • Rahmenbedingungen für eine verantwortungsvolle Anwendung: Die Durchführung von EMDR erfordert bestimmte Voraussetzungen, um sicherzustellen, dass die Methode effektiv und verantwortungsbewusst angewendet werden kann.

  • Die klassische(n) Standard-Vorgehensweise(n): Es gibt etablierte Standardverfahren, die bei der Anwendung von EMDR eingesetzt werden.

  • Erweiterte und optimierte Vorgehensweisen, Weiterentwicklungen: Neue Ansätze und Techniken werden kontinuierlich entwickelt, um die Anwendung von EMDR weiter zu verbessern.

  • Vorgehensweise bei Ängsten & Phobien, Trauer, Schmerz, chronischen Traumatisierungen und weiteren Störungen/Themen: EMDR wird in spezifischen Therapiemethoden verwendet, um gezielt mit diesen Herausforderungen umzugehen.

  • EMDR im Coaching: Bei Coaching-Sitzungen kann EMDR zur Bearbeitung von Blockaden und zur Unterstützung des persönlichen Wachstums eingesetzt werden.

  • Kombination von EMDR und Hypnose: Die synergistische Anwendung von EMDR und hypnotischen Techniken kann den therapeutischen Prozess bereichern und beschleunigen.

  • Einsatz von EMDR bei Kindern: EMDR kann auch erfolgreich bei Kindern angewendet werden, wobei spezielle Techniken und Ansätze berücksichtigt werden.

Damit eine Behandlung mit EMDR (Augenbewegungs-Desensibilisierung und Wiederaufarbeitung) stattfinden kann, müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Der Klient muss bereit sein, dass die Therapie das Trauma aufdecken kann. Bereits vorhandene ernsthafte körperliche Erkrankungen müssen angemessen behandelt werden, ebenso wie Begleiterkrankungen, die mit dem Trauma in Zusammenhang stehen, wie zum Beispiel Depressionen oder Angststörungen. Zudem muss sichergestellt werden, dass der Klient vor einem Kontakt mit dem Täter geschützt ist, insbesondere wenn das Trauma durch ein Gewaltverbrechen entstanden ist.

Erinnerungen verlieren ihren emotionsgeladenen Charakter

Zu Beginn der Behandlung werden das Trauma des Klienten und die damit verbundenen Symptome genau analysiert. Der Klient wird dazu angeleitet, sich das traumatische Erlebnis in Gedanken und Gefühlen erneut vorzustellen und so das belastende Ereignis noch einmal zu erleben. Gleichzeitig folgt er den Handbewegungen des Therapeuten mit den Augen oder erfährt auf andere Weise eine bilaterale Stimulation. Inzwischen gibt es sogar Geräte, die die Handbewegungen des Therapeuten durch ein buntes, bewegtes LED-Licht ersetzen. Durch diese abwechselnde Stimulation kann der Klient seine Erinnerungen an das traumatische Erlebnis, die im Gehirn bislang noch nicht vollständig verarbeitet wurden, beschleunigt reprozessieren.

Das Ziel ist, dass die Erinnerungen ihren typischen, belastenden und intrusiven Charakter verlieren. Eine Intrusion beschreibt ein quälendes und unkontrollierbares Wiedererleben des traumatischen Ereignisses, das mit einem Schlüsselreiz ausgelöst wird.

Phase 1: Vorgeschichte und Behandlungsplanung

Zunächst wird die Vorgeschichte des Klienten erhoben. Nachdem der Therapeut mögliche Kontraindikationen ausgeschlossen hat — diese beziehen sich auf Umstände, die gegen eine bestimmte Therapie sprechen — wird gemeinsam mit dem Klienten ein Behandlungsplan erstellt. Dieser Plan beinhaltet wesentlich, die traumatischen Erinnerungen oder andere miteinander verbundene Symptome zu reprozessieren.

Phase 2: Vorbereitung des Patienten

Der Klient wird über den Behandlungsplan und die Methode informiert. Um den Klienten emotional zu stabilisieren, kann der Therapeut im Vorfeld Entspannungs- oder Imaginationstechniken anwenden. Bei Bedarf werden dem Klienten auch Medikamente durch einen Arzt verabreicht.

Phase 3: Bewertung der Erinnerung

In dieser Phase wird der Klient dazu angeleitet, besonders belastende Erinnerungen durch verschiedene Sinnesreize und empathische Anregungen schrittweise so zu bearbeiten, dass er sie im Gesamtkontext des traumatischen Geschehens integrieren kann. Dadurch erhält der Klient umfassendere Zugang zu seinen Erinnerungen und lernt, diese gedanklich in sein gesamtes Leben einzuordnen.

Phase 4: Durcharbeitung

Hier verarbeitet der Klient seine Traumaerinnerungen neu, er reprozessiert sie. Er wird angeregt, sich an markante Bilder, sinnliche Eindrücke und negative Gedankenmuster zu erinnern, die mit dem schrecklichen Ereignis verbunden sind. Während sich der Klient auf seine Erinnerungen konzentriert, wird er gleichzeitig durch sinnliche Reize vom Therapeuten unterstützt. Durch die wechselnden Eindrücke und Assoziationen erlebt der Klient schrittweise eine Entlastung, auch wenn vorübergehend intensivere Emotionen auftauchen können. Diese Art der Nachverarbeitung ist äußerst vorteilhaft, da sie dafür sorgt, dass der psychische Druck der aktiviert werdenden Erinnerungen verkraftbar bleibt. Der Therapeut muss selbst stabil und flexibel sein, um den Klienten und seinen individuellen Verarbeitungsprozess richtig unterstützen zu können.

Phase 5: Verankerung

Nachdem die Belastung durch die Erinnerung genug abgenommen hat, wird die in Phase 3 erarbeitete positive Kognition oder eine verbesserte Kognition durch den Verarbeitungsprozess aufgerufen und überprüft. Mit Kognition sind alle Gedanken, Einstellungen oder Meinungen gemeint, die mit dem traumatischen Erlebnis verbunden sind. Eine negative Kognition könnte zum Beispiel lauten: „Ich kann niemandem mehr vertrauen“, während eine positive Kognition sein könnte: „Das Erlebte liegt hinter mir.“ Traumatatische Erinnerungen hinterlassen oft auch Spuren in Form von belastenden Überzeugungen, die immer wieder mit den Erinnerungen auftreten. Um von diesen kognitiv-emotionalen Endlosschleifen loszukommen, hat Francine Shapiro Elemente der kognitiven Verhaltenstherapie in die EMDR-Methode integriert. Negative Empfindungen werden durch eine schnelle bilaterale Stimulation abgeschwächt, während positive Kognitionen durch eine langsame bilaterale Stimulation verstärkt werden.

Phase 6: Körper-Test

Im anschließenden Körper-Test wird nach eventuell weiter bestehenden sinnlich wahrnehmbaren Erinnerungsfragmenten gesucht. Dabei spricht der Klient seine positive Selbstüberzeugung aus und wandert mit seiner Aufmerksamkeit langsam von oben nach unten durch seinen Körper. Er schildert dem Therapeuten die Körperempfindungen, die dabei auftreten.

Sollten noch belastende Körpererinnerungen bestehen, werden auch diese erneut bearbeitet, um sicherzustellen, dass alle emotionalen und physischen Blockaden angemessen adressiert werden.

Phase 7: Abschluss

Am Ende der Sitzung wird besprochen, welche Wirkung diese Erfahrung auf den Klienten hatte. Der Therapeut vereinbart mit dem Klienten Interventionsregeln für die Zeit zwischen den Sitzungen. Dies ist wichtig, da der in der EMDR-Sitzung angestoßene Prozess auch nach der Sitzung in abgeschwächter Form, beispielsweise in Träumen oder Gefühlen, weiterlaufen kann. Der Klient sollte daher wissen, was ihn möglicherweise erwartet und wie er damit umgehen kann.

Phase 8: Nachbefragung

Diese letzte Phase findet zu Beginn der nächsten Sitzung statt. Ausgelöst durch die vorherige EMDR-Sitzung erlebt der Patient zwischen den Sitzungen oft Erinnerungssplitter oder Träume, die dann anfangs erneut bearbeitet werden, bevor der Therapeut einen weiteren Schritt in der Therapie geht.

Bereits nach der ersten erfolgreichen EMDR-Sitzung berichten viele Patienten von einer deutlich entlastenden Veränderung ihrer Erinnerungen. Auch die damit verbundene körperliche Erregung lässt nach, und negative Gedanken sowie Emotionen können neu und positiver umformuliert werden.

Obwohl EMDR oft schneller wirkt als andere Formen der Traumatherapie, ist diese Methode kein Wundermittel. Daher lässt sich im Vorfeld nicht genau festlegen, wie viele Sitzungen erforderlich sein werden, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Jede Person reagiert individuell, und die Therapiepläne werden entsprechend angepasst.